Vergessen. Oswalda Tonka, von der Favoritener Arbeiterin zur Partisanin

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„Das Ganze muss man verhindern, hab ich mir gedacht, den Krieg überhaupt, weil der verändert die Menschen so stark.“ (Oswalda Tonka)

Oswalda Sokopp wurde 1923 in Wien geboren. Sie wuchs in einer Arbeiterfamilie im 10. Gemeindebezirk auf. Obwohl von Ausbeutung und Armut betroffen, schöpfte die Familie viel Kraft aus ihrem Kampf für soziale Verbesserungen und dem Widerstand gegen Austrofaschismus und Nationalsozialismus.

Oswalda trat 16-jährig dem KJV (Kommunistischer Jugendverband) bei. Sie erlebte die von der Arbeiterschaft erkämpften sozialen Fortschritte im ‚Roten Wien‘ ebenso wie die Zerstörungen durch die Austrofaschisten 1934 und später die Angriffe auf jüdische Mitbürger*innen und deren Vertreibung.

Nach dem Tod der Eltern mussten sie und ihre Schwester Trude zwei Jahre im Waisenhaus verbringen, wo sie angehalten wurden kriegsverherrlichende Nazilieder zu singen und den braunen Aufmärschen zuzujubeln. Aber sie fanden immer wieder Zuflucht bei ihren Tanten, deren Wohnung in der Buchengasse 100 ein geheimer Treffpunkt für Widerständige war. Hier konnte über eine Welt ohne Unterdrückung und über Möglichkeiten zum Widerstand nachgedacht und diskutiert werden.

 

Oswalda Tonka

 

Flucht zur Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee

Oswalda Tonka selbst war in den frühen 1940er-Jahren als junge Frau an Sabotageaktionen in einem kriegswichtigen Betrieb in Wien beteiligt. Sie floh im Sommer 1944 vor einem Einberufungsbefehl der Wehrmacht zur jugoslawischen Befreiungsarmee, wo sie im Partisanenverband bis Kriegsende als Funkerin tätig war. Sie erzählt: „Das muss so ungefähr im August […] 44 gewesen sein. Ich sollte Luftwaffenhelferin werden. Da hab ich gesagt, zur Deutschen Wehrmacht geh ich nicht! Ich hab ja nie die geringste Sympathie für die Faschisten gehabt. […] Mein Freund hat mich gefragt, willst nach Jugoslawien zu den Partisanen? Und ich wollte. Ich war 21 damals, und sehr tapfer bin ich sicher nicht gewesen. Und natürlich habe ich mir das viel einfacher und romantischer vorgestellt, als es dann wirklich war […].

Einmal haben wir wieder in einem Stall übernachtet und es war ein echter Alarm. Man konnte sich net einmal mehr die Schuhe zuschnüren. Raus, Überfall! Da sind wir gelaufen, ich weiß nicht wie lange, stundenlang, richtig im Kugelhagel. […] Wir mussten dann durch einen Fluss, das Wasser ist nur bis zum Bauch gegangen, aber das war im Dezember, und im Weiterlaufen, obwohl wir um unser Leben gerannt sind, sind die Hosenbeine vollkommen angefroren an den Beinen. Ich hör noch, wie das geklirrt hat beim Laufen. Dann ist das Schießen schwächer und schwächer geworden, und wir konnten uns in einem Haus sammeln. Das war unwahrscheinlich: Wir waren alle noch außer Atem, und wie wir so gestanden sind, hat einer angefangen zu lachen, und die anderen haben eingestimmt. Das war ein richtig hysterisches Lachen, das nicht aufhören wollte.“

Engagement nach dem Krieg

Nach dem Krieg war Tonka aktives Mitglied der KPÖ Favoriten und engagierte sich vor allem auch kulturpolitisch, so z.B. in der Scala und im Kommunistischen Kulturkreis. Ein besonderes Anliegen war es ihr, die Erinnerung an den antifaschistischen Widerstand wach zu halten.

Wir haben aus Oswalda Tonkas Autobiographie »Buchengasse 100« das Gedicht »Das Schrecklichste« vertont, das sie 1944/1945 als 22-jährige schrieb.