Dennoch will ich. Die Geschichte von Richard Zach

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Margarete Schütte-Lihotzky in ihrem Buch »Erinnerungen aus dem Widerstand«: “Ich […] freute mich, wenn eine Amsel ihr Lied in die Luft trällerte […] oft sangen wir am Fenster gemeinsam unsere Freiheitslieder.“

Richard Zach, geb. am 23.3.1919 in Graz, wuchs in ärmlichen Verhältnissen in einer Arbeiter*innenfamilie auf. Beengte Wohnverhältnisse, feuchte Mauern, zuletzt ein Kellerloch.

Die Februarkämpfe 1934 und ihr blutiges Ende dürften für Zach einschneidend gewesen sein. Er schrieb eines seiner ersten politischen Gedichte, die »Ballade vom Februar 1934«, und es kam zur Gründung einer Widerstandsgruppe gegen die Willkürherrschaft des faschistischen Ständestaates. Richard Zach war damals 16 Jahre alt. Als Tarnung arbeitete die Gruppe Zachs unter dem Namen ‚Jungfreiheitsbund‘ in Organisationen der christlichen Arbeiter*innenbewegung mit. In einem geheimen Arbeitskreis beschäftigte man sich mit sozialistischen Theorien.

Im Juni 1938 maturierte Zach mit Auszeichnung und war danach kurz als Lehrer tätig. Am 29. November 1938 rückte er aus eigenen Stücken zur Deutschen Wehrmacht ein, weil er meinte, die Militärzeit vor dem absehbaren Kriegsbeginn schnell hinter sich bringen zu können. Der Krieg kam jedoch schneller als erwartet und so musste Richard Zach am ‚Polenfeldzug‘ teilnehmen. Während eines Urlaubs im Januar 1940 täuschte Zach einen Skiunfall vor (sein Bruder zertrümmerte ihm mit einem Nudelholz das Schienbein) und nützte den einjährigen Krankenhausaufenthalt für marxistische Schulungsarbeit und Zusammenkünfte am Krankenbett, um neue Netzwerke aufzubauen.

Die Widerstandsgruppe um Zach schrieb antifaschistische und kommunistische Parolen auf Häuserwände und druckte Flugzettel, die die Arbeiter*innen aufriefen, sich gegen die Naziherrschaft zusammenzuschließen. Im Oktober 1940 erschien die erste Flugschrift »Der Rote Stoßtrupp«. Sie enthielt Infomationen ausländischer Sender und selbstverfasste »Analysen der gegenwärtigen Lage«.

 

Gefangenschaft

Am 31. Oktober 1941 wurde Richard Zach festgenommen und am 18. August 1942 von dem Berliner Kriegsgericht wegen ‚Wehrkraftzersetzung, Hochverrat und Lostrennung eines zum Reiche gehörigen Gebietes‘ zum Tode verurteilt. In der Haftzeit verlor Zach nahezu 20 kg Körpergewicht. In einem Brief schrieb er: „In Berlin ist es ja – abgesehen von allem anderen – ein langsames Verhungern!“  Außerdem: „Eingeschachtelt zwischen Mauern, die Stunden durchhungern(t)  […] eingeschraubt zwischen Wänden und Todesgewissheit  […] Düster jede Stunde, kein freundlicher Schimmer durch die dicken Scheiben, kein belebender Fleck Helle auf den fahlen Wänden, die Luft fast wie ein zäher Dunst vor den Augen, um die Stirn, hinter der Stirn […]“.

Etwa Anfang Dezember 1942 holte man Richard Zach noch einmal als Zeuge nach Graz. Sein Bruder Alfred berichtete: „[…] sein Gesicht war zerschlagen, verkrustet von alten Wunden, körperlich völlig heruntergekommen. Er erhielt vier Wochen Dunkelhaft, wurde täglich geprügelt.“

Im Schuldspruch vom 3. September 1942 lautete: ‚Vorbereitung zum Hochverrat und zugleich auch der Feindbegünstigung‘, außerdem wurde ihm angelastet, ‚intelligent und auffallend schreib- und redegewandt‘ zu sein, womit er ein gefährlicher Agitator für den Kommunismus wäre.

Am 27. Jänner 1943 wurde Richard Zach 23-jährig hingerichtet.                  

Schriftstellerisches Werk                                                     

Während der anderthalbjährigen Haft in Graz und Berlin, sogar auf den Transporten zwischen Berlin, Graz und wieder Berlin hat Zach an die 800 Gedichte geschaffen. 200 davon wurden heimlich geschrieben, sie konnten in achtzig Kassibern nach draußen geschmuggelt werden: im Gummizug der Schmutz­wäsche versteckt, dem Rechtsanwalt heimlich in die Hand gedrückt oder durch die Zellenwand gemorst und von einem Mitgefangenen aufgeschrieben.

Richard Zachs Kassibergedichte sind nicht von seinem Kampf gegen Faschismus und Krieg zu trennen. Immer wieder forderte er dazu auf, nicht blind und untätig gegenüber seiner Umwelt zu sein, sondern sich wachen Auges den Herausforderungen zu stellen.

Die Gedichte sollten laut gesprochen oder vertont und gesungen werden, schrieb Zach einmal. Die kämpferischen Politsongs geben auch seine ganze Hoffnung und Verzweiflung wieder: „Vielleicht stürzt eine Mauer ein! Vielleicht auch rettet mich davon, die langersehnte Rebellion!“, schreibt Zach noch knapp vor seiner Hinrichtung. Und, an seine Freundin Hermine Kohlhauser: „Grüße mir die Welt, grüße mir die Gefährten, die Sonne und den Grashalm und das All!“

Richard Zach, der „so gern lebte“, sagte zum Schluss: „Sie sollen uns nicht zittern sehen.“

Er gehörte zu den 2.700 Widerstandskämpfer*innen, die vom NS-Regime zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Viele andere verloren in den Gefängnissen und Konzentrationslagern ihr Leben.